Als Makler Verkehrswert einer Immobilie ermitteln

Alle drei Verfahren im Detail

Der Verkehrswert gibt den Preis einer Immobilie an, der aktuell auf dem Markt für sie erzielt werden kann. Er ist also für Makler das Maß aller Dinge bei der Objektbewertung und die Grundlage für Ihre Vermittlungsarbeit. Es existieren drei Verfahren zur Berechnung. Lesen Sie hier nach, welche Methode sich für welches Objekt eignet und wie die Verfahren im Detail aussehen.

Diese Bedeutung hat der Verkehrswert

In § 10 Bewertungsgesetz (BewG) ist der Verkehrswert wie folgt definiert:

„Der gemeine Wert (Verkehrswert) wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen.“

Um es auf den Punkt zu bringen: Der Verkehrswert entspricht dem Marktwert einer Immobilie – und spiegelt den erwartbaren Verkaufspreis des Objekts wider. Für Makler ist dies die Basis für die Angebotserstellung. Ausschlaggebend sind bei der Wertermittlung vor allem die Lage, die Ausstattung sowie der Zustand der Immobilie. Der emotionale Wert und andere persönliche Faktoren spielen dabei keine Rolle.

Abgesehen vom Maklergeschäft, ist der Verkehrswert auch in folgenden Bereichen wichtig:

  • Grundstücks- und Immobilienübertragungen innerhalb der Familie
  • Kreditaufnahme
  • Scheidung und andere Vermögensauseinandersetzungen

Was wird für die Wertbestimmung benötigt?

Sie brauchen –  je nach Berechnungsverfahren – eine umfassende Datengrundlage. Dazu können unter anderem folgende Dokumente wichtig werden:

  • Bauzeichnungen (Grundrisse, Baupläne)
  • Lagepläne
  • Energieausweise
  • Grundbuchauszüge
  • Mietverträge, Betriebs- und Nebenkostenabrechnungen
  • Bewirtschaftungskosten

Zusätzlich sollten Sie auch eine Vorortbesichtigung vornehmen, um sich ein Bild vom Zustand der Immobilie zu machen. Die Wertbestimmung von Immobilien kann dann mit einer dieser drei Methoden erfolgen:

  • Vergleichswertverfahren
  • Ertragswertverfahren
  • Sachwertverfahren

Das Vergleichswertverfahren – Wertbestimmung auf Vergleichsbasis

Der Name ist Programm: Bei dem Vergleichswertverfahren werden die Werte der benachbarten Immobilien herangezogen, um den Verkehrswert der vorliegenden Immobilie zu ermitteln. Da für eine genaue Wertbestimmung möglichst viele vergleichbare Objekte nötig sind, bietet sich das Verfahren vor allem bei Reihenhäusern, Mehrfamilienhäusern und Wohnungen an.

Vorteile Nachteile
verhältnismäßig simple Vorgehensweise durch Vergleich bereits existierender Verkehrswerte nur aussagekräftig, wenn ausreichend viele Vergleichsobjekte vorhanden sind
ermittelter Immobilienwert entspricht aktuellem Marktniveau individuelle Immobilieneigenschaften finden keine Berücksichtigung

Ertragswertverfahren – Die Wirtschaftlichkeit des Objekts bestimmen

Das Ertragswertverfahren kommt hauptsächlich bei Renditeobjekten zum Einsatz. Der Wert soll angeben, welchen Reinertrag die vorliegende Immobilie erzielen kann und welcher Gewinn durch die Mieteinnahmen möglich ist. Ermittelt werden also zunächst die voraussichtlichen Mieteinnahmen (ohne Nebenkosten) mit Berücksichtigung des Liegenschaftszinses. Dies ergibt den Wert der baulichen Anlagen, den Sie anschließend mit dem Bodenwert addieren.

Formeln für die Berechnung:

Ertragswert = Bodenwert + Gebäudewert

Bodenwert = Bodenrichtwert* x Grundstücksfläche in m2

Gebäudewert = (Reinertrag x 100) / Liegenschaftszinssatz

 

Wobei gilt:

Reinertrag = Jahreskaltmiete ohne Bewirtschaftungskosten

Liegenschaftszinssatz = Durchschnittsverzinsung lagetypischer Normalgrundstücke
 

*Der Bodenrichtwert kann der Bodenrichtwertkarte des örtlichen Katasteramtes entnommen werden

Das Ertragswertverfahren eignet sich insbesondere für Mehrfamilienhäuser und Gewerbeimmobilien.

Vorteile Nachteile
praxisnahes Verfahren zur Wertermittlung von Renditeobjekten Berechnung des Liegenschaftszinses verlangt eine umfassende Datengrundlage

Sachwertverfahren – Wie wertvoll ist die Bausubstanz?

Bei dem Sachwertverfahren wird der dingliche Wert der Immobilie errechnet. Zentrale Fragestellung bei dem Verfahren: Was würde die Herstellung des Objekts bei gleicher Lage und Qualität aktuell kosten?

Entscheidend sind dabei maßgeblich zwei Aspekte: der Wert des Grundstücks und der Wert des Gebäudes, das darauf errichtet wurde (zuzüglich sonstiger Außenanlagen wie Wege oder Garagen). Um den vorläufigen Sachwert zu ermitteln, müssen Sie die Summe aus Boden- und Gebäudewert abzüglich der Abnutzung berechnen.

Formeln für die Berechnung:

Vorläufiger Sachwert = Bodenwert + Gebäudewert (+ Wert der sonstigen Anlagen)

Bodenwert = Bodenrichtwert* x Grundstücksfläche in m2

Gebäudewert = Regelherstellungswert – Wertminderungen (z.B. durch Alter) + Wertsteigerungen (z.B. durch Modernisierung)

Regelherstellungswert = Wohnnutzfläche in m2 x Preis pro m2**

Alterwerbsminderung = Gebäudealter x 100 / Gesamtnutzungsdauer


*Der Bodenrichtwert kann der Bodenrichtwertkarte des örtlichen Katasteramtes entnommen werden.

**Die Preise pro Quadratmeter sind von unterschiedlichen Faktoren wie dem Baujahr, den Ausstattungsstandards und der Gebäudeart der Immobilie abhängig. Diese müssen je nach Objekt individuell recherchiert werden.

Der vorläufige Sachwert bildet regionale Preisunterschiede nicht ab und entspricht deshalb noch nicht dem Verkehrswert. Um den Verkehrswert zu erhalten, muss der Sachwert deshalb durch einen individuellen Marktanpassungsfaktor angeglichen werden. Dieser berücksichtigt unter anderem die Verkehrslage oder Nachhaltigkeit der Immobilie.

Der Sachwert wird in der Regel für selbstgenutzte Immobilien wie Einfamilienhäuser oder Eigentumswohnungen berechnet – Objekte also, bei denen es nicht auf den Ertrag ankommt, sondern vielmehr der Wert der Bausubstanz im Vordergrund steht.

Vorteile Nachteile
gibt den Substanzwert eines bebauten Grundstückes an Berechnung verlangt eine umfassende Datengrundlage
  durch Anwendung des Marktanpassungsfaktors kann der Sachwert stark von dem tatsächlichen Verkehrswert abweichen

Wann eignet sich welches Verfahren?

Die drei Berechnungsverfahren sind je nach Immobilie unterschiedlich aussagekräftig. Deshalb müssen Sie immer von Fall zu Fall entscheiden, welches Verfahren sich für das vorliegende Objekt am besten eignet. In der Regel ist es sinnvoll, für ein Objekt verschiedene Verfahren anzuwenden. Die nachfolgende Tabelle bietet Ihnen hierfür eine Orientierung:

Immobilie Primäres Verfahren Ergänzendes Verfahren
Eigentumshaus Sachwertverfahren Ertragswertverfahren/ Vergleichswertverfahren
Eigentumswohnung Vergleichswertverfahren Ertragswertverfahren/ Sachwertverfahren
Mietwohnung Ertragswertverfahren Sachwertverfahren/ Vergleichswertverfahren
Unbebautes Grundstück Vergleichswertverfahren  
Unbebautes Miet- oder Pachtgrundstück Vergleichswertverfahren Ertragswertverfahren

Achtung: Verkehrswert nicht unbedingt gleich Kaufpreis

Der ermittelte Verkehrswert ist stets eine Momentaufnahme. Der Markt unterliegt einem ständigen Wandel. Auch andere Faktoren - wie die individuellen Bedürfnisse von Interessenten - bestimmen den tatsächlichen Immobilienwert mit:

Der Kaufpreis kann über dem Verkehrswert liegen, wenn die Immobile für den Käufer einen emotionalen Wert besitzt, beispielsweise wegen eines berühmten Vorbesitzers. Weiters können Immobilien auch im tatsächlichen Wert unter den Verkehrswert sinken, wenn Käufer etwa durch eine ungünstige Raumaufteilung abgeschreckt werden. Den exakten Immobilienwert liefert also erst der konkrete Kaufpreis.

Die Verkehrswertermittlung ist aber eine wesentliche Grundlage für die Objektvermittlung und eine wichtige Orientierungsgröße für spätere Preisverhandlungen.